Nun wurde
auch Kurt Cobain eingeflüstert und aufgedrängt, er bekäme vielleicht fünf Prozent
des immensen Geldes, das andere für sich anhand seines Erfolges einnahmen. Da
brachte er sich um, und ein giftiger Wespenschwarm aus Geschäftsleuten guckte
dumm. Machte dann natürlich seinen Tod noch zu Geld. Aber Kurt starb als Held.
Und er blieb dann bis heute der letzte Aufrechte, der Riesen-Erfolg hatte.
Die
Musikbranche als Ganzes guckte in den Folgejahren dumm: Die Digitalisierung
wirbelte ein seit dem Durchbruch der Langspielplatte etwa 1965 eingeschliffenes
Geschäft durcheinander. Also die Zwischenhändler, die sich soviel Rechte
gesichert hatten, dass für den Musiker zwar die Mädels, aber nicht die Kohle
übrig blieben, saßen auf zunehmend löchrigen Booten. Ihr Jammern und ihr
geheuchelter Tod rühren mich nicht. Diese Geld-mit-Musik-Macher hatten Kurt
Cobain umgebracht.
Der Musikfan
kam dank der Digitalisierung an die Musik ran, die ihm die Geldmacher zuvor
vorenthalten hatten, die manipuliert, kastriert in dumm-teuren Häppchen zuvor
verkauft wurde. Ich als Musikfan holte über das Internet und über den Tausch
ganzer Festplatten, die mit Musik bespielt waren, bis 2004 alles zu mir nach
Hause an Musik, was die großen Jahre der rebellischen Jugendmusik zu bieten
hatten. Wesentlich war dabei, dass ich diese Phase selbst durchlebt hatte. Ich
kannte die Namen, die zu suchen waren, und besaß die Ohren, um unbekannte Klänge
zu sortieren. Ich bin damit nun als Konsument satt bis an mein Lebensende.
Das
Lebensende der glaubhaften Stars datiert sich mit Kurt
Cobains Selbstmord. Den Versuch der unmusikalischen Geldgeier, die Musik
Richtung reproduzierbarer Dummfloskelei zu manipulieren, hatte es schon in den
Mittsiebzigern und eben wieder ab etwa 1983 bis zur Marktüberflutung gegeben.
Ihm trat nun nach Kurt Cobain nichts mehr entgegen. Da werden von Musikhistorikern noch Gestalten wie Michael
Jackson und Madonna genannt. Die haben aber mehr Gemeinschaft mit Frank Sinatra
und Elvis Presley, als mit Eddie Cochran und den Troggs. Die einen sind Plastik,
Plastik, Plastik. Die andern sind hörbar Rebellen, Helden, Pioniere.
Metallica
seien glaubhaft, höre ich als Gegenargument. Ja. Der Hard Rock ist eine fette Nische, dem ich applaudiere.
Ich applaudiere auch dem „Jahr des Techno“ 1996. Es mag mal, lang ist´s her,
glaubhaften Rap gegeben haben. Natürlich wurde von den Geschäftsgeiern dann
„Glaubhaftigkeit“ versucht zu verkaufen - da ist Rap die übelste Richtung. Ich
nenne hier überlebende Zweige von musikalischen Erfindungen, die auf der
Zeit vor Kurt Cobains Tod beruhen (dem Techno ging „acid“ voraus).
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Zwischen
Leben und Überleben sehe ich aber Unterschiede. Ganz ohne zentrale Leitstars hat
sich der Folk-Rock in Europa derzeit zu leckerem Leben entfaltet, mit irre
unterschiedlichen Wurzeln von Alain Stivell bis Ougenweide und auch aktuell
großer Vielfalt. Da höre ich Musik ohne Investoren-geplättete Manipulation, und es ist
nun Musik ohne Helden. Die haben überlebt außerhalb der zentralen Marktmechanismen. Gothik erwähne ich hier auch noch, einfach mal so.
Wir können
nun alles spielen. Wir können alles konsumieren. Im Fernsehen zelebrieren sich
derweil die Geldorientierer mit Plastikshows. Ein fernes Ziel der Lebendigen ist, dieses
Fernsehen als Vermittler von Musik („Deutschland sucht den Superstar“)
abzuschalten und abgeschaltet zu lassen.
Ich bin als
Konsument, der seine Feinde kennt - in eine Fernsehsendung habe ich 2007 zum letztenmal
hineingeschaut - glücklich.
Dummerweise
war ich ab meinem elften Lebensjahr auch fanatischer Produzent. Ich habe selbst
Lieder auf Datenträger gebrüllt. Als Produzent fühle ich mich verloren. Die
digitale Revolution lässt die musikgeschmackfernen Geldärsche zu schrillen
Zombies werden: Nichts geht mehr für mich in diesen Käfigen des Musik-Geschäftes.
Und die Konsumenten beklauen mich. Ich soll mich gratis ausziehen. Wenn ich es
nicht tue, zerren sie mir die Kleider von der Hard Disk.
Ich sehe mich
deshalb mit meinen Produktionen am Rande schleichen. Faktisch habe ich schon
1992, also vor Kurt Cobains Selbstmord, angesichts der frühen Zeichen an der
Wand,
nicht mehr nach vorne gelebt als Musiker. Ich habe mich nicht mehr um Auftritte
bemüht. Ich ließ es auslaufen. Es war amüsante Symbolik, dass sich schließlich
der Disney-Konzern meines Künstlernamens bemächtigte: 2004 sah ich dieses Plakat
„Findet Nemo“. Soso. Fuck you. Ein Clownfisch.
Wenn ich
jetzt diese Homepage betreibe. Wenn ich jetzt ein wenig, ein Hundertstel meiner
Produktionen im Internet zeige. Dann hat das einen auch amüsanten Grund: Ich
habe Lust dazu. Ich mache das einfach so, launisch und ohne benennbares Ziel.
Ich sehe keinen Weg, meine Produktionen zu verkaufen. Life-Auftritte? Fünf etwa
pro Jahr. Das wird keine Serie. Es gibt keinen Grund in dieser kaputten
Musikwelt, Profi zu sein. Es gibt keine Verträge, die ich akzeptiere. Wir
stampfen durch den Matsch aus vielen Hobbymusikern, durch eine
überschwemmte Basis, und erleben schreckstarrgeldfixierte Musikvermarkter im Überbau,
die unanhörbare Berieselung liefern.
Soll ich mich
in „Terminemo“ umbenennen, eine Art Halb-Robot-Musiker in einem Endzeit-Umfeld á
la "Terminator"?
Ach was, ich kann als Konsument ja nicht meckern, dank Digitalisierung, und als
Produzent finde ich mich damit ab: Leute, ich habe die größte Zeit der
rebellischen Jugendmusik als Ohrenzeuge miterlebt. Ich habe in all dieser Zeit
selbst Musik gemacht und damit aufgehört, als die Zeit auslief, als Kurt Cobain
sich umbrachte. Meine Musik singt irgendwie von all dem, aus deutschsprachiger
Perspektive. Ich sage das, ich bringe das, und es darf nun sein, dass ich mitten
im Lied aus dem Raum gehe. Hallo Freunde. Tschüss Geier.
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